Wenn das Wetter sonnig ist und das Meer ruhig, sprechen die Menschen von den Shetland Inseln von einem „geschenkten Tag“. Sie sind dankbar für eine Pause von Sturm, Regen und Gischt, was die vorherrschende Wetterlage auf den Inseln ist. Was für ein schönes Bild für einen Moment der Ruhe, des Friedens und der Schönheit inmitten des Chaos in der Welt.
Zwar beschäftige ich mich schon lange damit, wie alles mit allem zusammenhängt, was die Welt im Innersten zusammenhält und kann mir Vieles, was gerade um mich herum passiert, erklären – vielleicht auch, weil ich im tiefsten Inneren vertraue und angebunden bin an eine höhere Macht, du magst es Quelle, Wahres Selbst, Gott, Ursprung allen Seins … nennen.
Die menschliche Doppelnatur
Und gleichzeitig ringe ich doch immer wieder um Balance. Aber auch das halte ich mittlerweile aus, weil es einfach zum Menschsein dazugehört. Der Mensch ist mit einer Doppelnatur, wie Goethe sie nannte, geboren. Die eine (das Ego) mit einer Art von Urangst von Anbeginn an, anfällig für Einsamkeit und Schuldgefühle, die wir mit Ablenkungen aller Art versuchen in den Griff zu bekommen und die andere (die Seele), die schon alles durchschaut hat, die weiß, dass wir seit unserem ersten Tag auf der Erde nur eine Aufgabe haben: Lernen glücklich zu sein, sozusagen als Göttlichen Auftrag. Dieser Teil unserer Natur ist repräsentiert durch die Freude, durch die Sinnhaftigkeit unseres Daseins, sei der Alltag auch gerade noch so schwer. Es sind Momente grundloser Fröhlichkeit, unverhoffter Begegnungen oder tiefster Erfüllung – ein geschenkter Tag!
Während meines Burnout war ich in der ersten der beiden Naturen gefangen, in einem Verlies aus schwarzen Gedanken ohne jede Aussicht auf Erlösung. Wie auch? Wenn ich davon überzeugt bin, dass meine Gedanken wahr sind, gibt es kein Entrinnen daraus. Denn wenn der Kopf das Fühlen übernehmen soll, kommt meist nur Angst dabei heraus. Das fühlt sich dann mehr als schräg an, kann lange anhalten, aber irgendwann kippt das Ganze und der zweite Strang unserer Doppelnatur schaltet sich an.
Wann das passiert und wie du dich entscheidest, kann niemand voraussehen.
Bei mir war es der Moment, als meine beste Freundin ablehnte, mich nach Hause zu fahren, nachdem ich mich, renitent wie ich war und de facto unfähig für mich zu sorgen, selbst aus der Klinik entlassen hatte. Sie hatte Recht!
Momente der Gnade
Zerknirscht und zutiefst peinlich berührt schlich ich zurück ins Krankenhaus und wurde dort mit einer solchen Selbstverständlichkeit und Güte wieder empfangen, dass ich heute noch dankbar bin. Mir wurden wenig später zwar auch die Leviten gelesen, aber auch das war richtig.
Das war mein Moment der Umkehr, den ich erst Jahre später als solchen sehen konnte. Es war ein Moment der Gnade, die mir zuteil wurde. Und ich war, gottseidank, gerade auf Empfang. Vielleicht hatte es solche Momente auch vorher schon gegeben, aber ich habe sie nicht wahrgenommen.
Diesen Moment der Gnade, die Umkehr, die Transformation, der Durchbruch oder wie immer du es nennen möchtest, nimmst du alleine. Darin liegt deine Meisterschaft.
Zusammen geht es leichter
Niemand kann sich zusammen mit dir durch das Nadelöhr quetschen. Aber zum Vorbereiten, Aufklären, Mut zusprechen, Hand halten vorher und Auffangen, Erklären, Da-sein, Zuhören und Feiern nachher – dafür kannst du dir Hilfe holen und das solltest du auch, denn das Ziel deiner Wahren Natur ist es, glücklich zu sein. Also halte dich nicht damit auf, vor dem Nadelöhr auf und ab zu spazieren, aus der Ferne seinen Durchmesser zu berechnen und auf die günstigste Stunde zu warten. Sie wird nie kommen!
Sende statt dessen deinen Wunsch in den Äther, Gefährten zu treffen für deinen nächsten Schritt auf der Entwicklungsleiter und richte dich aus auf die Geschenkten Tage. Du wirst das Nadelöhr schaffen ohne jeden Zweifel, denn der Sinn deines Lebens besteht darin glücklich zu werden.